Zuerst die Zitterpartie, ob die Reise bei weniger als 35 Teilnehmern überhaupt stattfinden würde. Dann die freudige Nachricht, dass die Studienreise ins Elsass durchgeführt wird. Schließlich die Hammermail mit den frühen Abfahrtszeiten von 04:50 in Naturns bis 06:00 Uhr in Vahrn. Spätestens um 04:00 musste an diesem Tag jede/r aufstehen, der /die mit Idealtours ins Elsass fahren wollte. Aber nach dem Frühstück beim Bäcker Ruetz in Kematen bei Innsbruck war dies vergessen, und alle freuten sich auf eine interessante Fahrt mit dem bewährten Reiseleiter Helmut Hofer und dem kundigen Chaffeur Marco vom Busunternehmen Rietzler Reisen. Die Anreise erfolgte bei herrlichem Herbstwetter über dem Arlberg nach Feldkirch und Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Nach einem kurzen Stopp dortselbst fuhren wir entlang des Walensees weiter in den Großraum Zürich, von dort weiter nach Basel und dann ins Elsass hinein. Nach der kurzen Nacht und der langen Fahrt freuten sich die meisten nach dem Abendessen auf ein frühes Zubettgehen im Hotel Mercure in Colmar. Ein paar Unermüdliche folgten aber dem Helmut zu einem kurzen nächtlichen Rundgang in der Stadt.
Am zweiten Tag stand der Besuch von Straßburg auf dem Programm. Auf der Hinfahrt gab der Reiseleiter einen Überblick über die wechselvolle Geschichte dieser Stadt und des Elsass. Seit dem 17. Jahrhundert wechselte das Elsass gleich sechsmal seine politische Zugehörigkeit zum Deutschen Reich oder zu Frankreich. Letzte Stationen dieses Wechsels: 1871 wurde Elsass-Lothringen nach dem Deutsch-Französischen Krieg ans Deutsche Reich angeschlossen, kam dann nach dem Ersten Weltkrieg zu Frankreich. Nach der defacto-Annexion an das Deutsche Reich von 1940 bis 1945 wurde das Gebiet wieder ein Teil Frankreichs und ist heute eine „Europäische Gebietskörperschaft“ in der Region „Grand Est“ mit der Hauptstadt Straßburg. Nach dem Kriegsende ging die französische Verwaltung wieder dazu über, die Region an die französische Sprache und Kultur zu assimilieren. Deutsch und Elsässisch zu sprechen war nun in der Öffentlichkeit verpönt und an Schulen bis 1970 nicht erlaubt. Heute beherrscht nur mehr weniger als die Hälfte der Bevölkerung die Elsässische Mundart. Auch die Kenntnis der deutschen Standardsprache ist bei der jüngeren Generation rückläufig. Andererseits wurde das Elsass ab dem Ende der 40er Jahre allmählich eine Modellregion für die deutsch-französische und europäische Annäherung. So erhielt 1949 der neu gegründete Europarat seinen Sitz in Straßburg. 1979 wurde Straßburg zum Tagungsort des Europäischen Parlaments. Hier noch ein paar Eckdaten: Das Elsass erstreckt sich über eine Fläche von 8.280 km² und hat ca. 1.920.000 Einwohner (Südtirol: 7.400 km² und ca. 533.000 Einwohner). Straßburg hat ca. 291.000 Einwohner, Colmar ca. 68.000.
Unser Hauptziel in Straßburg war der Besuch des Liebfrauenmünsters. Diese zwischen 1176 und 1439 errichtete romanisch-gotische Kathedrale aus rosa Sandstein ist mit seinem 142 m hohen Turm, der klar strukturierten Fassade, dem hohen Mittelschiff und den bunten Glasfenstern ein faszinierendes Beispiel sakraler Baukunst aus dem Mittelalter. Wir fragten uns beim Betrachten immer wieder: „Wie konnte man vor 850 bis 600 Jahren schon so etwas bauen?“ Die geplante Bootsfahrt auf der Ill durch die verschiedenen Stadtviertel konnte wegen eines Motorschadens des gebuchten Boots leider nicht stattfinden. Für eine Fahrt auf einem offenen Boot war es zu kühl und zu windig. So erkundeten wir die Stadt zum Teil zu Fuß mit unserem Reiseleiter, zum Teil in den zwei elektrischen Touristenzügen mit Audioguide.
Am dritten Tag besuchten wir vormittags nach einer Einführung durch Helmut Hofer das Museum Unter den Linden in Colmar mit dem berühmten Isenheimer Altar von Matthias Grünewald 1512 – 1516), Gemälden anderer Künstler aus dem Mittelalter und der Renaissance, u.a. von Martin Schongauer, Lucas Cranach dem Älteren und Hans Holbein dem Älteren, und Werken aus dem 20sten Jahrhundert, u. a. von Monet und Picasso. Nachmittags unternahmen wir – leider im Nebel – einen ersten Ausflug an die elsässische Weinstraße und hinauf auf die Vogesen, wo uns ab einer Höhe von 700 m die Sonne erwartete und uns einen schönen Rundblick auf das Nebelmeer und die 1300 und 1400 m hohen Gipfel erlaubte.
Am vierten Tag fuhren wir entlang der immer noch nebelverhangenen Weinstraße in die besonders bekannten Weinorte des Elsass, u.a. nach Kaysersberg, wo wir auch zur Burg Kaysersberg hinauffuhren, um die zugänglichen Teile dieser ehemals gut befestigten, dann verfallenden und ab den letzten Jahrzehnten des 19ten Jahrhunderts vielfach erneuerten Burg zu besichtigen und ein paar Sonnenstrahlen zu genießen. In Riquewihr und Eguisheim spazierten wir durch die Gassen mit den typischen Fachwerkhäusern und Weinläden, suchten und fanden trotz spürbarem Overtourismus authentische Gastlokale zum Essen und verkosteten im kleinen Kreis in einer Weinkellerei die eine oder andere Flasche Riesling. Damit nicht genug: Nach der Rückkehr ins Hotel in Colmar brach eine stattliche Gruppe noch mit Helmut Hofer zum Stadtviertel Krutenau auf, das die Franzosen „Petite Venise“ (Klein-Venedig) nennen und sehr schöne historische Häuser und Brücken beherbergt.
Am Sonntag, den 10. November, führte uns die Heimreise durch den sonnigen Hochschwarzwald nach Titisee zum Bodensee, wo wir kurz die schöne barocke Basilika Birnau besuchten. Nach einer längeren Mittagspause in Lindau gings zurück in die Heimat, vorbei an Bregenz, Feldkirch, Bludenz, Arlberg nach Landeck und von dort über den Reschen ins schöne Südtirol.
Obwohl die Weinberge und romantische Orte des Elsass nicht im goldenen Herbstlicht erstrahlten, war es eine schöne Reise. Das Programm war gut ausgewählt und nicht überladen. Die Gruppe war fein und nicht zu groß, sodass man im Laufe der Tage mit jeder und jedem ins Gespräch kam. Der Chaffeur Marco erwies sich als echter Busflüsterer, sodass man ständig das Gefühl hatte, dahin zu schweben. Das Einzige, das regelmäßige Reiseteilnehmer bedauerten, war, dass diesmal vom VPS-Vorstand niemand dabei sein konnte. Dafür war das Reisebüro Idealtours mit Helmut Hofer bestens vertreten. Sein umfangreiches Wissen, seine einzigartige Erzählkunst und sein Eingehen auf die Bedürfnisse der Gruppe kamen wieder einmal sehr gut an. So erntete ich spontanen Applaus, als ich ihn mit folgendem Satz frei nach Loriot verabschiedete „Eine VPS-Studienreise ohne Helmut Hofer ist möglich, aber sinnlos“.