VPS-Studienreise
Polen, der Süden
Über 3.000 km legten wir in dieser Woche zurück, bis wir am Sonntag, den 17. November wieder nach Südtirol zurückkehrten. Und gerade diese Heimfahrt hatte uns in den letzten Tagen der Reise Sorgen bereitet. Die Nachrichten über das Schneechaos und damit verbunden zahlreiche gesperrte Straßen im Lande beunruhigten uns, da wir nicht wussten, wie und ob überhaupt alle 65 Reiseteilnehmer an diesem Abend nach Hause kommen.
1. Tag: Südtirol – Wachau – Brünn
In Rattenberg, der kleinsten Stadtgemeinde Österreichs mit nur 408 Einwohnern, machten wir am Montag, den 11. November unseren ersten Stopp für ein gemeinsames Frühstück, nachdem wir schon zu sehr früher Morgenstunde aus allen Teilen Südtirols gestartet waren.
Entlang der Wachau mit seinem ausgezeichneten Wein- und Obstbau, bekannt hauptsächlich durch die Wachauer Marille, erreichten wir dann gegen Mittag die Stadt Melk. Das bedeutendste Wahrzeichen dieser Gegend ist das Benediktiner Stift Melk. Der heutige Bau wurde von Jakob Prandtauer in den Jahren 1702 – 1746 errichtet und gehört zum UNESCO Welterbe. Viel Zeit hatten wir hier nicht zur Verfügung und so beschränkten wir uns hauptsächlich auf den Besuch der Stiftskirche, die dem Hl. Petrus und Paulus gewidmet ist und als einer der schönsten Barockkirchen Österreichs gilt.
Schon ging es weiter in Richtung Tschechischer Grenze. Auffallend viele Fernlaster besetzen die zahlreichen Parkplätze vor dem Grenzübergang, ein Zeichen für den regen Warenverkehr von West nach Ost und umgekehrt. Der eingesetzte leichte Regen lud nicht ein, hier länger als notwendig zu verweilen.
Am Abend erreichten wir, ziemlich müde nach einer doch sehr langen Fahrt, das Hotel Continental in Brünn, wo wir die erste Nacht verbrachten.
2. Tag Brünn – Ölmutz – Krakau
Der darauffolgende Tag begann mit einem Spaziergang durch die Stadt. Brünn ist die zweitgrößte Stadt von Tschechien mit rund 380.000 Einwohnern und galt in der Zeit der Habsburger als das „Manchester Österreichs“. Eine Zeitlang war Brünn auch die Hauptstadt von Mähren, bevor es von Olmütz abgelöst wurde und ist heute Sitz wichtiger Forschungszentren und mehrerer Universitäten. Zudem sind in Brünn alle Organe der höchsten tschechischen Gerichtsbarkeit angesiedelt.
Nachdem wir unsere Koffer verladen hatten, starteten wir im Laufe des Vormittags nach Olmütz. Die Reiseroute führte uns an Pratzeberg vorbei, wo am 5. Dezember 1805 die Schlacht von Austerlitz stattfand. In der „Dreikaiserschlacht“ schlug Napoleon I. verheerend die Truppen der Allianz zwischen Kaiser Franz II. von Österreich und Zar Alexander I. von Russland.
Olmütz ist im Vergleich zu Prag und Brünn nicht von Touristen überlaufen. Sehenswert sind die sechs barocken Brunnen und die 35 Meter hohe barocke Dreifaltigkeitssäule, die als Dank für die Erlöschung der Pest im Jahre 1716 errichtet wurde. Nun war es höchste Zeit für den Start nach Krakau, unserem Reiseziel. Etwa 250 km lagen noch vor uns und die Situation an der Grenze war nicht abschätzbar. Bei der Einreise in Polen wurden unsere Ausweise, obwohl angekündigt, dann doch nicht kontrolliert. Eine Tatsache, die uns in dieser Gegend besonders auffiel, war der frühe Einbruch der Dunkelheit. Kurz nach 16 Uhr war es bereits stockdunkel. Schon an der Peripherie von Krakau mit seinen 800.000 Einwohnern erstrahlte ein Lichtermeer und lies auch im Dunkeln eine modere, pulsierende Stadt erahnen, die sich durchaus mit westlichen Wirtschaftsmetropolen vergleichen lässt. Wir bezogen unsere Zimmer im luxuriösen Design Hotel in Krakau, wo wir für die nächsten drei Tage untergebracht waren.
3. Tag: Krakau – Salzbergwerk Wieliczka
Am nächsten Morgen begleitete uns unsere örtliche Reiseführerin Vanda als erstes in das ehemalige jüdische Viertel im Stadtteil Kazimierz. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten dort über 70.000 jüdische Einwohner. Heute ist die jüdische Gemeinde in Krakau sehr klein, aber es gibt dennoch sieben Synagogen. Seit Steven Spielberg hier seinen Film „Schindlers Liste“ drehte, ist das Interesse an jüdischer Kultur stark gewachsen.
Krakau ist die wichtigste Kulturmetropole Polens. Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört und so blieben die überaus zahlreichen Bauwerke aus Gotik, Renaissance und Barock der Nachwelt erhalten. Erwähnen möchte ich, um nicht den Rahmen dieses Reiseberichtes zu sprengen, vor allem zwei Sehenswürdigkeiten: das Königsschloss auf dem Wawel, eines der prächtigsten Renaissance Residenzen Mitteleuropas und den riesigen Marktplatz aus dem Jahre 1257 mit seinen Tuchhallen.
Und nicht zu vergessen, die Universität von Krakau, die nach der Karls-Universität von Prag, die zweitälteste Mitteleuropas ist.
Krakau wurde im Jahr 2018 von rund 13,5 Millionen Touristen besucht. Die allermeisten davon besichtigten, wie auch wir, das Salzbergwerk in Wieliczka. Allein dieses unschätzbare Weltkulturerbe mit seinen 300 km langen Gängen, 3.000 Kammern mit einer Gesamtkubatur von rund 7,5 Mio. m3 ist eine Reise nach Krakau wert.
4. Tag: Pilgerzentrum Wadowice – Zakopane – Hohe Tatra
Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes in Krakau besuchten wir Zakopane, die polnische Hauptstadt des Wintersports. Die Stadt liegt in der Tatra zwischen dem Hauptkamm der Hohen und Westlichen Tatra und dem Massiv der Gubalówka. Zu unserem Bedauern war der Ort mit Nebel verhangen, sodass wir die Skispringer, die gerade auf der Schanze trainierten, kaum sehen konnten.
Das vorgesehene Programm für diesen Nachmittag mussten wir kurzfristig abändern. Weil unser Doppeldecker Bus, die maximal zugelassene Höhe von 3,5 m überschritt, konnten wir nicht zu dem Marienwallfahrtsort Kalwaria Zebrzydowska gelangen. Als Alternative fuhren wir zum Pilgerzentrum Wadowice, dem Geburtsort von Papst Johannes Paul II.
5. Tag: Krakau – Breslau
Die drei Tage in Krakau waren viel zu schnell vergangen. Am frühen Morgen des 15. Novembers brachen wir auf zu dem 270 km entfernten Breslau mit seiner 1.000-jährigen Geschichte. Die Stadt wurde erst 1945 polnisch. Der Verteidigungskampf der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges legte fast drei Viertel der Stadt in Trümmern. Die viert größte Stadt Polens ist für ihren Marktplatz, den großen Ring, bekannt. Auf unserem Stadtrundgang sahen wir unter anderem das gotische Rathaus mit seiner astronomischen Uhr, das National Museum, die Dom Insel, die Medizinische Universität, das Haus der Sieben Kurfürsten, die Markthalle und die St. Elisabeth Kirche.
Unsere Reiseleiterin aus Breslau hatte uns auch einiges über die meist sehr geringen sozialen staatlichen Unterstützungen der Bürger Polens berichtet, was uns sehr betroffen machte. Die Schere zwischen reich und arm klafft kaum in einem anderen Land Europas so weit auseinander wie hier.
6. Tag: Breslau – Görlitz – Dresden
Am darauffolgenden Tag verließen wir Polen, das zwar Mitglied in der EU ist, aber trotzdem der Euro kaum irgendwo als Zahlungsmittel angenommen wird.
Nach einem Zwischenstopp in Görlitz, der östlichsten Stadt Deutschlands mit einer gut erhaltenen Altstadt, erreichten wir am Nachmittag Dresden. Hier verbrachten wir die letzte Nacht unserer Studienfahrt.
Dresden ist nicht nur die Hauptstadt von Sachsen, sondern für viele Besucher, die schönste Stadt Deutschlands. Die „Barockperle“ am Elbestrom präsentiert sich als Kunst- und Kulturstadt von Weltrang. Das Wahrzeichen ist die barocke Frauenkirche. Diese wurde, wie fast die ganze Stadt im Februar 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, von britischen und amerikanischen Bombenverbänden in Schutt und Asche gelegt. 2005 war der Wiederaufbau der evangelisch-lutherischen Kirche nach 11 Jahren Bauzeit abgeschlossen. Die Reihe der Sehenswürdigkeiten im histo-
rischen Zentrum von Dresden würde viel Platz in diesem Bericht einnehmen, deshalb zähle ich nur wenige auf, die uns besonders beeindruckt hatten: die Semperoper, der Zwinger, das Residenzschloss von Dresden, die Katholische Hofkirche, das Schloss Pillnitz und der Neumarkt.
Die Zeit, die wir hier verbracht hatten, war einfach zu kurz, um all die Schönheiten sehen zu können.
7. Tag: Dresden – Meißen – Südtirol
Sonntag, der 17. November, unser letzter Reisetag, war angebrochen. Unser Start war für 8 Uhr früh angesagt. Die erste Pause legten wir in der Stadt Meißen ein, die wegen der Herstellung
des Meißner Porzellans Weltberühmtheit erlangt hat. Nach einem Spaziergang auf die Burg setzten wir unsere
Fahrt in Richtung Regensburg fort. Bei strahlendem Sonnenschein und milden Temperaturen erreichten wir um die Mittagszeit die Stadt. Der Wettergott war uns nicht nur hier, sondern fast durchwegs in dieser Woche gut gesinnt. Unser Busfahrer Nazim brachte uns über Ingolstadt, München und Rosenheim nach Kufstein. Hier wechselten wir den Chauffeur und auch den Bus. Der Reiseleiter Helmut Hofer begleitete uns noch bis Innsbruck. Die Straßenverhältnisse waren bis zum Brenner gut und die Fahrt absolut problemlos. Auf Südtiroler Seite begannen sich aber bald die Schneehaufen rechts und links der Autobahn zu türmen und die Nachrichten von unpassierbaren Straßen im Lande überhäuften sich. Mit sehr viel Glück kamen wir alle an diesem Abend, teilweise nur über weite Umwege, nach Hause. Auf dieser besonderen Studienreise haben wir sehr viel gesehen und Eindrücke gesammelt. Das Erlebte wurde, wie schon in all den vergangenen Jahren, von unserem Fotograf Martin Obletter in Bildern zur Erinnerung festgehalten.Ich möchte am Ende dieses Berichtes einen großen Dank den 65 Teilnehmern der Studienreise aussprechen. Es war eine ganz tolle Gruppe, die das sehr dicht gedrängte Programm tapfer mitgemacht und flexibel Änderungen, die nicht vorgesehen waren, ohne Wenn und Aber akzeptiert hat.
Die Obfrau
Esther Mutschlechner Seeber